Diese Vision zeigt auf, wie ein Zukunftsdorf aussehen könnte. Das Projekt »Perron Vert« sehen wir als einen ersten Schritt auf dem Weg hin zu einem Zukunftsdorf. Aktuell ist es nur möglich, sich den hier beschriebenen Idealen anzunähern. Insbesondere ist es auf dem Mosterei-Areal (Perron Vert) nicht möglich mit Naturmaterialien zu bauen, da die Entwicklung bereits zu weit fortgeschritten war, als die nachhaltigen Rentenkasse Stiftung Abendrot in das Projekt eingestiegen ist. Vieles andere können wir aber umsetzen.
Wir freuen uns auf Menschen, die diesen Weg mit uns beschreiten wollen und die Vision Wirklichkeit werden lassen.
Eine Postkarte aus der Zukunft
Ich steige aus dem Zug und habe nur wenige Schritte bis zu meinem Zuhause. Dabei überquere ich den Dorfplatz und mache einen Abstecher in dem gemeinschaftsgetragenen Unverpackt-Dorfladen, der mit einem möglichst regionalem und nachhaltigen Angebot aufwartet und wo auch der Ernteanteil meines Gemüseabos bereitsteht. Zuhause verräume ich die Einkäufe und strecke erst einmal die Beine aus. Ich habe mich für eine verhältnismässig kleine Wohnung entschieden. Ich halte mich sowieso häufig draussen oder in den Gemeinschaftsräumen auf und freue mich über die dort möglichen Begegnungen oder verbringe Zeit mit Freunden, die auch in unserer ökologischen Siedlung, respektive im »Zukunftsdorf« wohnen. Heute habe ich mich für das Nachtessen so eingetragen, dass ich es fertig verpackt in Mehrweggeschirr mitnehmen kann. Voller Vorfreude spaziere ich schon die wenigen Minuten zum See, vorbei am Gemeinschaftsgarten, aus dem das Gemüse meines Nachtessens stammt. Am See geniesse ich das Essen und den Sonnenuntergang.
Im »Dorf der Zukunft« gibt es Wohnraum für verschiedene Ansprüche. Dadurch werden unterschiedliche Zielgruppen angesprochen. Eine gute Durchmischung ist für eine positive Entwicklung unabdingbar.
Die Bauweise der Zukunft wird weitgehend mit Naturmaterialien wie Holz, Stroh, Hanf und Lehm (Low Tech) sein. An Universitäten und Hochschulen wird bereits heute dazu geforscht. Dies bringt die Kreislaufwirtschaft mit sich. Diese wurde in den 2020er-Jahren vielerorts zum Ziel. Bald wurde erkannt, dass es zu aufwendig sein wird, in einigen Jahrzehnten bei Abbrüchen viele künstliche Stoffe zu trennen und zu entsorgen. Also wurden industrielle Verfahren auf der Basis natürlicher Materialien entwickelt. Dabei handelt es sich häufig um Fertigelemente, die vor Ort nur noch »zusammengesetzt« werden müssen. Besonders interessant sind aufgrund ihrer Eigenschaften Baustoffe aus Pilzen.
Die Energieversorgung wird in den Dörfern der Zukunft durch PV-Anlagen und Wärmepumpen sichergestellt. Dabei sind weitere technologische Fortschritte zu erwarten. Photovoltaik kann in Zukunft häufig »versteckt werden« (gestalterisches Element bei Fassaden, in Ziegeln und Fenstern). Auch bei Speicherungstechnologien gibt es noch Entwicklungspotentiale.
Wichtig ist ein guter Mix von Wohn- und Gewerberaum. So wird die Möglichkeit geschaffen, am gleichen Ort zu arbeiten und zu wohnen. Dies ist nicht nur für Vertreter:innen der Kreativwirtschaft und Selbständige interessant. Es zeigt sich gerade, dass dauerhafte Anwesenheit im Büro keine Voraussetzung für eine gute Kultur der Zusammenarbeit in einer Firma ist. Viele Firmen haben nach der Corona-Pandemie umgedacht und ihre Büroflächen reduziert. Zukunftsdörfer warten darum mit Coworking-Spaces, Atelierräumen und Werkstätten auf. Natürlich gehören zu einem funktionierenden, beispielhaften Zukunftsdorf auch Handwerker:innen, Sozialarbeiter:innen oder Pädagog:innen.
Der Aussenraum hat eine hohe Aufenthaltsqualität, verfügt über sogenannte Aneignungsflächen (Gemeinschaftsgärten, Permakultur) und fördert die Biodiversität.
Gemeinschaftsgetragene Aktivitäten (Gemeinschaftsräume, Lebensmittelladen, Gemüsekooperative, etc.) werden für Lebensqualität sorgen. Häufig wird fü die Entwicklung dieser Projekte ein partizipativer Prozess durchgeführt, bei dem die zukünftigen Bewohner:innen sich aktiv einbringen können.
Der Einbezug der Menschen kann aber bereits in der Entwicklung geschehen. Was die Genossenschaften vormachen, wirdmit der Zeit bei allen Bauprojekten Normalität werden. Fachpersonen führen partizipative Prozesse durch, bei denen Nachbar:innen, Gewerbe, Verwaltung und potentielle, zukünftige Bewohner:innen einbezogen sind. Bessere Ergebnisse und weniger Einsprachen rechtfertigen diesen zusätzlichen Aufwand.
Aber nicht nur selbstverwaltete Läden, digitale Lösungen und Lebensmittel- und Gemüsekooperativen sorgen für die Nahversorgung mit Lebensmitteln. Es wird auch üblich werden dass ein Teil unserer Lebensmittel, z.B. Algen für Omega 3 und 6, in Bioreaktoren kultiviert werden. Nicht nur die Lebensmittelindustrie investierte in diesem Bereich. Auch Genossenschaften werden gegründet werden, um Bioreaktoren zu betreiben.
Neun Prioritäten
All dies könnte ein Zukunftsdorf bieten. Die Vision wird von den Bewohner:innen gefüllt und gelebt.
Die Architektur
Jedes Zukunftsdorf soll einzigartig sein! Durch die Architektur, die Aussenraumgestaltung und Kunst im öffentlichen Raum soll ein sehr hoher Wiedererkennungswert geschaffen werden. Dies unterstützt die Vermarktung und schafft Identität. Das Zukunftsdorf könnte architektonisch folgende Merkmale aufweisen. Ein Teil davon wird partizipativ entstehen. Nicht alles davon kann bereits auf dem ersten Areal umgesetzt werden.
- Hohe Aufenthaltsqualität der Aussenräume
- Dorfplatz: Wiedererkennungswert, Kunst im öffentlichen Raum
- Dom, Kuppelbau, Baumhäuser, Weidendom, Tanzlinde
- Moderne, vielleicht gar futuristische, und zugleich leicht wirkende Architektur
- Beleuchtung mit innovativem Lichtdesign (mit Dimmern, die durch Bewegungsmelder ein bisschen wie von Zauberhand an- und ausgehen)
Nicht immer ist es nachhaltig, neu zu bauen, da dies auch energienintensiv ist. Bauten, die etwas gar 08/15 sind, können durch neue Anstriche (z.B. weisse Umrandungen um die Fenster), Fassadenbegrünungen und Aussenraumgestaltung aufgewertet werden.
Der Prozess hin zu einem Zukunftsdorf
- Sensibilisierung der Bevölkerung für Entwicklungspotentiale
- Wecken von einem gewissen Stolz und Ehrgeiz, das eigene Dorf oder Umgebung zu gestalten und »schöner« zu machen.
- Organisation von an einer positiven Entwicklung interessierten Personen in einer Interessensgemeinschaft, respektive einem Verein.
- Finden von Investoren, die Neubauprojekte mittragen, Gründung von Bau- und Wohn-Genossenschaften, generieren von Mitteln für Aktivitäten, die zu mehr Nachhaltigkeit führen (z.B. Gründung von Energiegenossenschaften).
- Ergänzend können Transition-Initiativen angestossen werden.